Die Geschichte

Einst aus Schwemmland an der Mündung der Nuthe in die Havel entstanden, lag die Insel schon immer abgeschieden inmitten der reizvollen Flusslandschaft und zugleich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Stadtkern, was ihre Entwicklung maßgeblich beeinflußte.

 

Ihre heutige Form erhielt die Insel Anfang des 19. Jahrhunderts mit dem Neubau der Langen Brücke (Schinkel) in den Jahren 1824/25 und dem Ausbau der Neuen Fahrt zum beschiffbaren Kanal. In einem der ersten kleinen Gärten auf dem ansonsten flachen, weiden bestandenen Eiland veranstaltete der Besitzer, Tabakhändler Gems, zuweilen kleine Rosenfeste und nannte ihn 1841 in seinem Testament »Insel der Freundschaft«. Sein Schwiegersohn betrieb ab 1845 an gleicher Stelle ein Ausflugsrestaurant unter Verwendung die­ses Namens, welcher sich dann allmählich auf das gesamte Eiland übertrug.

In den 30er-jahren sollte der Stadteingang von der Langen Brücke her gestalterisch aufgewertet und ein anspre­chendes Entree zur Residenzstadt geschaffen werden. Die dazu eingeleiteten Verschönerungsmaßnahmen beschränkten sich dabei zunächst auf die links und rechts der Brücke ange­legten regelmäßigen Grünanlagen mit dem Kaiser-Wilhelm­Denkmal auf der südwestlichen Seite.

 

Ab 1937 wurde dieses Vorhaben um die Idee Karl Foersters vom Sichtungsgarten erweitert und das Areal der Freundschaftsinsel bis in Höhe der heutigen Inselbrücke in die Anlage eines »Blütengartens der Zukunft« einbezogen.

Die noch junge Anlage wurde im April 1945 bei der Bombardierung der Potsdamer Innenstadt fast restlos zer­stört. Die Nachkriegsentwicklung auf der Insel begann mit der Aufteilung der Flächen in Grabeland zur Versorgung der Potsdamer Bevölkerung. Mit der sich abzeichnenden Teilung Deutschlands löste sich auch der Bornimer Kreis. Mattern und Hammerbacher verließen die Stadt.

Im Jahr 1886 musste die Lange Brücke einem Steinbau weichen, der 1902 in Kaiser-Wilhelm-Brücke umbenannt wur­de. Das städtische Leben ergriff mehr und mehr Besitz von der Freundschaftsinsel. So wurde das Bild nun von zahlreichen Laubengärten, kleinen Bootswerften und Schuppen bestimmt. Durch das in Mode kommende Freibaden entstand auch eine Flussbadeanstalt. Mit einer Postkarte vom Restaurant »Freund­schaftsinsel« konnte man 1909 die Daheimgebliebenen grüßen.

Die Entstehung des Schau- und Sichtungsgartens

Mit der Gestaltung wurde der Gartenarchitekt Hermann Mattern (1902-1971) beauftragt. Für die Pflanzungen zeichne­te Hermann Göritz (1902-1998), ebenfalls Gartenarchitekt, verantwortlich.

 

Hermann Mattern arbeitete seit 1927 in einer Arbeits­gemeinschaft mit Karl Foerster und der Gartenarchitektin Hertha Hammerbacher zusammen. Sie bildeten damit den Kern des »Bornimer Kreises«, einem Kreis von Künstlern, Architekten und Gärtnern um Karl Foerster, wie Walter Funcke, Hermann Göritz, Heinz Hagemann, Richard Hansen, Gottfried Kühn und Alfred Reich, von dem völlig neue Tendenzen zur Gartengestaltung und Pflanzenverwendung ausgingen.

 

Nach dem Willen des damaligen Oberbürgermeisters Friedrichs wurden als Eingang zum Staudengarten und als Motiv für dessen vorgesehene Einzäunung die Kleinarchi­tekturen der Torhäuser (v. Estorff) geschaffen. Den Kern der Matternschen Gestaltung bildete eine dem Verlauf der Klin­kermauer am Ufer der Alten Fahrt folgende Pergola mit Säulen aus rotem Wesersandstein, von der aus sich fächerartig die Staudenbeete ausbreiteten.

 

Im Frühjahr 1941 wurde der Garten mit ca. 2.200 Arten und Sorten Stauden und Sommerblumen sowie 270 ver­schiedenen Rosen und Ziergehölzen eröffnet. Weitere Ideen Karl Foersters, wie ein Restaurant (die Gartenbesucher wollen schließlich auch irgendwo Erdbeertorte mit Schlagsahne essen) und ein Gebäude für Ausstellungen, wurden in den damaligen Planungen teilweise berücksichtigt, jedoch nicht realisiert.

Bild links: Pergola, um 1940
Foto: Max Bauer, Bundesarchiv Koblenz
Recherche TOPOS

Bild rechts: Blick zum Alten Markt über die Freundschaftsinsel, auf der die Potsdamer nun Gemüse anbauten

 

Der Wiederaufbau nach dem Krieg
Abermals auf Anregung von Karl Foerster entstand der Schau- und Sichtungsgarten ab 1953 nach Entwürfen des Gartenarchitekten Walter Funcke (1907-1987) und nach Pflanzplänen von Hermann Göritz neu. Dem Verlauf der wieder errichteten Pergola an der Alten Fahrt folgend, entstand dabei als neues, das Herzstück der Anlage bereicherndes Element die Wasserachse mit Seerosenbecken, Brücken und Fontänen.

Von den beiden Torhäusern hatte das Schwanentor­haus den Krieg und die Folgejahre besser überstanden als sein Zwilling und wurde als Unterkunft für die Gärtner instand gesetzt. In ihm gab es ein winziges Büro, in welchem der Obergärtnermeister Peter Altmann (geb. 1915) als Mitarbeiter Karl Foersters residierte und ab 1957 wieder mit der systema­tischen Staudensichtung begann, die er bis 1965 fortsetzte. Mit botanischen Führungen, Dia-Vorträgen, Veröffentlichun­gen in der lokalen Presse und anfangs noch handgeschriebe­nen Pflanzenetiketten gelang es ihm, Foersters Idee wach zu halten und zu verbreiten.

Die Ausstellung »Plastik im Freien« 1966 auf der Freundschaftsinsel, gedacht als Bilanz des bildkünstlerischen Schaffens in der DDR, begründete eine kleine Sammlung von heute über 20 Bronzeskulpturen.

Zunächst als Provisorium gedacht, entstand als zweite Verbindung zur Insel eine Fußgängerbrücke über die Alte Fahrt.

 

Umbau, Erweiterung und neue Zielsetzung
Schon ab 1967 gab es Überlegungen zur Erweiterung des Nutzungsspektrums über das Konzept des "Schau- und Lehrgartens«, wie der Staudengarten nach Einstellung der Sichtung nun hieß, hinaus. Hinzu kamen eine Festwiese für Veranstaltungen, ein Restaurant, eine Freilichtbühne, ein Bootshafen sowie ein Pavillon für Musik und Ausstellungen. Verwirklicht wurden diese Vorhaben 1972-73 im Rahmen eines intensiven Ausbaus der Freundschaftsinsel zu den X. Weltfestspielen der Jugend und Studenten in Berlin, in Verbindung mit einer Erneuerung der Infrastruktur.

 

Einbezogen war nun die ganze Insel in der Größe von etwa 7 Hektar. Walter Funcke war federführend an den Entwürfen beteiligt. Die letzen Bootsschuppen und Kleingärten verschwanden, die Gärtner bekamen ein neues Domizil, wodurch aus dem Schwanentorhaus eine gastrono­mische Einrichtung, die Russische Teestube, wurde. Der Ausstellungspavillon, als moderner Glas-Klinker-Bau gestaltet mit zeittypischem Rosengarten dazu, findet sein Pendant im gleichartigen Baukörper des Inselcafés am gegenüberliegen­den Ende der Wasserachse.

 

Durch die übermäßige Verwendung der Materialien Beton und Asphalt litt die bis dahin hohe Gestaltqualität, und durch die Erweiterung des Nutzungskonzeptes waren Konflik­te mit dem Staudengarten vorprogrammiert und massiv ein­getreten.

Zum 100. Geburtstag von Karl Foerster, vier Jahre nach seinem Tod, ließ die Stadt Potsdam ihrem inzwischen zum Ehrenbürger avancierten großen Gärtner eine Metallplastik (Ch. Roehl) fertigen. Mit seinen Worten "Wer Träume verwirk­lichen will, muss wacher sein und tiefer träumen als andere«, ausgewählt von Foersters Frau Eva, steht sie von da an inmit­ten des Blütengartens.

Eva Foerster (1902-1996) bildete nach Karl Foerster bis zu ihrem Tod die Mitte eines großen Freundeskreises in Ost und West.

In den Jahren 1974 bis 79 widmete sich Walter Funcke der Erneuerung des Staudengartens, seine Gestaltung aus den 50er-Jahren ergänzend. Der Auftrag für die Erstellung der Pflanzpläne erging ein drittes Mal an Hermann Göritz, der damals lange Zeit der einzige freischaffende Gartenarchitekt der DDR war.

 

Der neue Ausstellungspavillon entwickelte sich beson­ders bei Ausstellungen zu Foerster- und Garten-Themen, zu Themen des Kunsthandwerks wie Keramiken von Hedwig Boll­hagen, zu Kunst, Malerei, Skulptur sowie Fotografie, z. B. »Akt und Landschaft«, zum wahren Publikumsmagneten. Im Januar 1988 fand dort die Trauerfeier für Walter Funcke statt.

Zu Beginn der 80er-Jahre gab es letztmalig eine neue Etikettierung für den Staudengarten einschließlich der Auf­stellung von Erläuterungstafeln zu den Sortimenten und Be­pflanzungsbeispielen. Damals musste auf dem Etikett für die alte Salviensorte "Ostfriesland" dann der Name "Rügen" er­scheinen, weil die richtige Bezeichnung möglicherweise uner­wünschte Reisegelüste in westliche Richtung geweckt hätte und deshalb in den Sortenlisten der DDR längst getilgt war.

Die neue Freundschaftsinsel
Nach den Schwierigkeiten in der Übergangsphase am Anfang der 90er-Jahre, mit Vandalismus, Diebstahl und dem Niedergang der Gastronomie auf der Insel, nach dem Verkauf von Schwanentorhaus und Inselrestaurant, jedoch nicht ohne Hoffnung, welche vor allem von dem wertvollen alten Gehölz­bestand und den immer noch blühenden Staudenrabatten ausging, begann ab 1996 die Erneuerung des Gartens.
 
Dies geschah auf der Basis von weitreichenden Überle­gungen und Zielstellungen vorausgegangener denkmalpflege­rischer Untersuchungen. Es erfolgte eine einfühlsame Wieder­herstellung des Schau- und Sichtungsgartens unter Heraus­arbeitung seiner drei Hauptgestaltungsphasen mit den jeweils charakteristischen und erhaltenswerten Gestaltungselemen­ten sowie die harmonische Verbindung der einzelnen Garten­teile untereinander. Die wesentlichen Punkte waren dabei neben dem Rückbau vieler störender baulicher Elemente und der Erneuerung der Staudenpflanzungen die Rekonstruktion der Torhausanlage und der Schutz des Inneren Gartens durch eine Einfriedung, die Verdeutlichung des Inselcharakters durch die Öffnung von Wasserblicken und eine naturnahe Ufergestaltung, eine Neuordnung der Erschließung und eine Erneuerung und Modernisierung der Infrastruktur.


von Jörg Näthe und Thoralf Götsch,
veröffentlicht in „Potsdam Grün“, L&H-Verlag Hamburg 2001